Gaza: Staatsräson statt Menschenwürde

Mit dem Slogan „Nie wie­der ist jetzt“ wur­de nach dem Massenmord vom 7. Oktober 2023 an rund 1.100 Menschen, dar­un­ter 36 Kinder, Solidarität mit Israel gefor­dert. Knapp zwei Jahre spä­ter erscheint die­ser Satz wie­der ange­bracht: In Gaza sind min­des­tens 60.000 Menschen, dar­un­ter 18.000 Kinder, mit Bomben, ande­ren Waffen und Nahrungsmittelentzug getö­tet wor­den. Die Opferzahl könn­te nach unab­hän­gi­gen Studien sogar schon weit über 100.000 lie­gen. Ein Genozid mit Ansage. Neben den USA hält ins­be­son­de­re Deutschland den Tätern den Rücken frei.

Knapp zwei Millionen Menschen, etwa die Hälfte von ihnen min­der­jäh­rig, ein­ge­sperrt auf einer Fläche klei­ner als das Bundesland Bremen, über­wie­gend abhän­gig von Nahrungsmittelhilfe. Das war die trost­lo­se Realität in Gaza lan­ge vor dem 7. Oktober 2023.

Aufgrund der israe­li­schen Kontrolle über Landgrenzen, Meereszugang, Luftraum und elek­tro­ma­gne­ti­sches Spektrum gilt der Gazastreifen als besetzt. Personen und Güter kön­nen das Gebiet nur sehr begrenzt ver­las­sen oder hin­ein­ge­lan­gen, sodass die Bevölkerung in hohem Maße von inter­na­tio­na­len Hilfslieferungen abhän­gig ist und kaum über Perspektiven für öko­no­mi­sche oder per­sön­li­che Entwicklung ver­fügt.

Bundeszentrale für poli­ti­sche Bildung

Auf die bru­ta­le Realität der Besatzung wies UN-Generalsekretär Antonio Guterres nach dem 7. Oktober hin, indem er sag­te, dass das Massaker „nicht im luft­lee­ren Raum“ erfolgt sei. In Deutschland wur­de die­se Einordnung erwart­bar skan­da­li­siert.

Doch mit zuneh­men­dem „Kriegsverlauf“ (sofern man den Bombenterror gegen Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser denn so nen­nen möch­te) und dem Einsatz von Hunger als Waffe gegen Männer, Frauen und Kinder fällt immer mehr Menschen auch in Deutschland auf, dass die Lehre aus dem Holocaust wohl kaum die Unterstützung eines ande­ren Genozids sein darf:

74 Prozent der Menschen in Deutschland wün­schen sich einer Forsa-Umfrage zufol­ge mehr Druck der Bundesregierung auf Israel.

DIE ZEIT

Bevölkerung ist Politik und Medien weit voraus

Bundeskanzler Friedrich Merz ver­pass­te dage­gen im Juli die Gelegenheit, sich einem Appell von 28 Staaten für ein sofor­ti­ges Kriegsende anzu­schlie­ßen. Selbst für die weit­ge­hend sym­bo­li­sche Einschränkung der deut­schen Waffenlieferungen an Israel erfuhr er wüten­den Widerstand aus sei­ner eige­nen Partei und von der CSU. Deren Vorsitzender Markus Söder konn­te sich im ARD-Sommerinterview sei­ner bedin­gungs­lo­sen Unterstützung für Israel rüh­men, ohne mit kri­ti­schen Nachfragen behel­ligt zu wer­den. Etwa, ob 18.000 getö­te­te Kinder nicht lang­sam wirk­lich genug sein soll­ten?

Im Gegenteil über­neh­men vie­le deut­sche Medien bis heu­te bereit­wil­lig noch fast jede Propaganda der Streitkräfte eines Landes, des­sen Premierminister und des­sen frü­he­rer Verteidigungsminister wegen Kriegsverbrechen mit Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wer­den. Einige beson­ders haar­sträu­ben­de Beispiele hat der Journalist Fabian Goldmann zusam­men­ge­tra­gen:

Hunger als Waffe und Morde an Journalisten

Die israe­li­sche Regierung ver­höhnt der­weil die Hungertoten, auch mit­tels eigens ein­ge­flo­ge­ner Influencer. Die „mora­lischs­te Armee der Welt“ tötet neben zehn­tau­sen­den Frauen und Kindern auch hun­der­te Journalisten, die sie nach Gusto ent­we­der als „Terroristen“ mar­kiert oder im Rahmen „tra­gi­scher Missgeschicke“ aus dem Leben beför­dert. Ein Aufschrei ihrer deut­schen Kollegen bleibt weit­ge­hend aus.

Vor die­sem Hintergrund erscheint die ver­schämt geführ­te Diskussion um die teil­wei­se Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel gera­de­zu absurd. Gemäß dem Konzept der Internationalen Schutzverantwortung wäre es Aufgabe des UN-Sicherheitsrats, Maßnahmen bis hin zu einer Militärintervention zu ergrei­fen, um den Völkermord zu stop­pen.

Dies schei­tert jedoch am wich­tigs­ten Verbündeten der offen rechts­extre­men israe­li­schen Regierung: Den USA. Die Trump-Administration lie­fert nicht nur Unmengen an Waffen für den Genozid an den Palästinensern, dar­un­ter jene schwe­ren Bomben, denen beson­ders vie­le Zivilisten zum Opfer fal­len, son­dern führt zudem auch einen Feldzug gegen wich­ti­ge inter­na­tio­na­le Institutionen wie die UNO und den Internationalen Strafgerichtshof. Die Massaker in Gaza gehen somit täg­lich wei­ter.

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