Dass die vorherrschende Meinung nicht unbedingt richtig sein muss und auch eine von Meinungsführern sowie Leitmedien als Verschwörungstheorie verunglimpfte Position zutreffend sein kann, hat die Diskussion um die Herkunft von Covid-19 („Laborthese“) eindrucksvoll bewiesen. Noch gravierender erscheint das komplette Ignorieren von Informationen, etwa die in den vergangenen Monaten oft zu hörende Formulierung, es gebe „keine Journalisten in Gaza“, während dort seit Oktober 2023 mehr als 200 palästinensische Medienschaffende von Israel getötet worden sind und man im katarischen Sender Al-Dschasira das Wirken der „moralischsten Armee der Welt“ (laut dem mit Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu) live verfolgen kann.
Umso dringlicher erscheint es, auf den Wert des Anderen hinzuweisen, sei es nun eine Meinung oder ein Medium. Der besonders seit Corona vielfach beklagte und gerade ironischerweise ausgerechnet von der aktuellen US-Administration angeprangerte, enger werdende Meinungskorridor in Deutschland, ist nicht nur gefühlt. Es mangelt an einer respektvollen Auseinandersetzung mit konträren Positionen und einem vollständigen Blick auf aktuelle Krisen.
Beispiel Corona: Dass auch die „Faktenfinder“ der Tagesschau kräftig danebenliegen können, zeigt folgendes Beispiel aus dem Jahr 2020. Darin wird die mittlerweile von vielen Experten als wahrscheinlich erachtete These zur Herkunft des Coronavirus aus dem Labor als Verschwörungstheorie abgetan:
Die Verbreitung von Sars-CoV‑2 wird von Anfang an durch wilde Verschwörungslegenden begleitet. Als die Epidemie noch auf China begrenzt war, kursierten bereits Spekulationen zu dessen Ursprung. Wahlweise stamme das neuartige Virus aus einem Labor in Wuhan, hieß es, oder von geldgierigen Geschäftsleuten (…)
Tagesschau „Faktenfinder“ vom 06.04.2020
Besondere Brisanz erhalten solche als „Fakten“ verbrämten journalistischen (Fehl-)einschätzungen heute durch die Enthüllung über eine unter Verschluss gehaltene Untersuchung des Bundesnachrichtendienstes (BND), wonach dieser die Labor-These schon damals für wahrscheinlicher als einen natürlichen Ursprung des Virus hielt.
Beispiel Gaza: Viel zu lange wurde (und wird selbst über 60.000 – 100.000 Tote später teils immer noch) in deutschen Leitmedien das unermessliche Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza ignoriert oder mit dem Leid der rund 1.100 israelischen Opfer vom 7. Oktober 2023 relativiert. Der berechtigte Hinweis von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, wonach der brutale Angriff „nicht im luftleeren Raum“ erfolgt sei, wurde etwa wie folgt skandalisiert:
UN-Generalsekretär Guterres relativiert Hamas-Terror – „Nicht im luftleeren Raum“
Überschrift der WELT am 25.10.2023
Bereitwillig wurde in einigen Medien eine „Infografik“ des israelischen Militärs aufgegriffen, welche die vermeintliche Hamas-Zentrale unterhalb des Al-Shifa Krankenhauses zeigen sollte. Nach dessen Erstürmung und Zerstörung fand sich dort nichts dergleichen.
Ganz anders der Umgang mit Angaben von der Gegenseite und unabhängigen Quellen: Selbst die nachprüfbar ermittelten Opferzahlen werden angezweifelt und wenn der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wegen des Kriegsverbrechens des Aushungerns erlässt, wird gleich die gesamte Institution angegriffen.
Wie dramatisch sich die ungeprüfte Übernahme der israelischen Militärpropaganda („Hamas verwendet menschliche Schutzschilde“) in deutschen Leitmedien auswirkt, dokumentiert eindrucksvoll ein Blog des Journalisten Fabian Goldmann.
Beispiel Sudan: Berichterstattung über die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit findet nicht ansatzweise im nötigen Umfang statt. Hunderttausende Menschen werden somit buchstäblich ihrem Schicksal überlassen.