Corporate Governance

Corporate Governance: Kurs halten

Die Lücke zwi­schen Anspruch und Wirklichkeit könn­te grö­ßer nicht sein: Auf dem Papier ver­pflich­ten sich mitt­ler­wei­le nahe­zu alle grö­ße­ren Unternehmen und Konzerne zu Nachhaltigkeit und Transparenz. Doch das Komplettversagen der inter­nen und exter­nen Aufsicht im Betrugsfall Wirecard sowie der all­ge­mei­ne Aufschrei beim Lieferketten-Gesetz haben wie­der deut­lich gezeigt, dass eine gute Corporate Governance nicht nur auf dem Papier bestehen darf, son­dern auch gelebt wer­den muss.

Die Gefahr liegt oft in einer Fokussierung auf for­ma­le Anforderungen. Zwar ist es gut und rich­tig, wenn ein Unternehmen beim Thema Diversität vor­an­kommt oder Mega-Themen wie die Digitalisierung im Board per­so­nell hin­ter­legt. Auch Broschüren über Corporate Responsibility lesen sich meist ange­nehm und der Begriff Nachhaltigkeit ist ohne­hin frei und ohne all­zu gro­ße Selbstbeschränkungen ver­wend­bar. Doch darf die schö­ne Verpackung nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass eine real funk­tio­nie­ren­de Corporate Governance nicht nur von den ver­schie­de­nen Stakeholdern ein­ge­for­dert wird, son­dern auch im vita­len Kerninteresse jedes Boards und Unternehmens liegt.

Dies gilt umso mehr, wenn das regu­la­to­ri­sche Umfeld welt­weit immer unbe­re­chen­ba­rer wird. Ein Board, das sich etwa selbst vor­macht (oder vom Vorstand vor­ma­chen lässt), dass Geschäfte in einer Diktatur oder Autokratie auch nur annä­hernd nach den selbst gesetz­ten Werten und Nachhaltigkeitszielen mög­lich sei­en, gefähr­det den gesam­ten Konzern. Neben den offen­sicht­li­chen ethi­schen Fragen und Reputationsrisiken gibt es auch zahl­lo­se betriebs­wirt­schaft­li­che Gründe, die gegen ein ver­meid­ba­res Engagement in einem will­kür­li­chen Rechtsraum spre­chen. Die buch­stäb­lich gren­zen­lo­se Naivität, die vom Mittelstand bis hin in man­che DAX-Konzerne vor­herrsch­te, weicht in die­sen Monaten einem oft­mals bösen Erwachen. Das betrifft längst nicht nur Fernost, son­dern auch deut­lich näher lie­gen­de Unrechtsstaaten.

Nur eine geleb­te Corporate Governance, die ehr­lich ver­sucht, den wider­sprüch­li­chen Anforderungen der Stakeholder gerecht zu wer­den und dabei nie­mals den Purpose der Organisation aus dem Blick ver­liert, kann den Fortbestand in unru­hi­gen Zeiten gewähr­leis­ten. Die Corona-Disruption ist dabei weit mehr als ein Warnschuss. Sie ist viel­mehr ein Donnerschlag, eine aller­letz­te Warnung an jene Boards und Unternehmen, die ihre Kontrollstrukturen auf Lebenslügen auf­ge­baut haben.

Um im Sturm den Kurs zu hal­ten, braucht man einen funk­tio­nie­ren­den Kompass. Bunte Broschüren und wohl­fei­le Absichtserklärungen kann man dage­gen getrost über Bord wer­fen.

Hat Ihnen die­ser Artikel gefal­len? Werden Sie Mitglied!

Teilen: